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Varanasi: Die heilige Stadt am Ganges

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# Varanasi: Die heilige Stadt am Ganges

Stell dir vor, du stehst am Ufer eines Flusses, der nicht nur Wasser, sondern auch tausend Jahre Geschichte, Spiritualität und Chaos trägt. Willkommen in Varanasi, der ältesten durchgehend bewohnten Stadt Indiens! Hier ist alles ein bisschen lauter, bunter und intensiver – und genau das macht den Zauber aus. Als Backpacker mit schmalem Budget und Neugier im Gepäck habe ich mich in dieses Labyrinth aus Gassen, Tempeln und Ghats gestürzt. Was ich erlebt habe? Eine Achterbahnfahrt der Sinne und ein paar Lektionen in Gelassenheit.

Die Ghats: Wo das Leben und der Tod aufeinandertreffen

Varanasi lebt und stirbt an seinen Ghats – den steinernen Treppen, die zum Ganges führen. Morgens um 5 Uhr bin ich halb verschlafen zum Dashashwamedh Ghat gewankt, nur um Zeuge eines der beeindruckendsten Rituale zu werden: der Ganga Aarti. Priester schwenken feuerspeiende Lampen, Glocken läuten, und Hunderte Menschen sitzen im Halbkreis, als wäre das ein ganz normaler Sonnenaufgang. Neben mir raunte ein deutscher Rucksacktourist: „Das ist wie Coachella, nur mit mehr Karma.“ Später sah ich am Manikarnika Ghat, wie Leichen verbrannt wurden – ein schroffes, aber ehrliches Bild des Lebenszyklus. Tipp: Respektvoll Abstand halten und keine Fotos machen. Ein Chai-Verkäufer erklärte mir, warum der Ganges hier „Mama Ganga“ heißt: „Sie wäscht alles weg – sogar deine Sünden. Und mein schlechter Chai von gestern.“

Das Labyrinth der Altstadt: Verloren gehen erwünscht

Google Maps gibt in Varanasis Altstadt auf. Die Gassen sind so eng, dass sich heilige Kühe und Motorräder im Slalom um Touristen herumschlängeln. Ich habe mich absichtlich verlaufen – und wurde mit versteckten Tempeln, lärmenden Gewürzmärkten und freundlichen „Hello, friend!“-Rufen belohnt. In einer dunklen Ecke bot mir ein alter Mann einen „special lassi“ an. Nach drei Löffeln fragte ich mich, ob da mehr als nur Joghurt drin war (Spoiler: ja). Aber hey, wenn Sadhus und Backpacker sich einig sind: Die besten Momente passieren, wenn der Plan scheitert.

Bootsfahrt bei Sonnenaufgang: Günstiges Magic

Für 300 Rupien (ca. 3 Euro) habe ich mir einen Bootsmann geschnappt und bin bei Sonnenaufgang über den Ganges geschippert. Während sich der Nebel lichtete, tauchten die Silhouetten der Paläste und Waschplätze auf – ein Postkartenmotiv, das selbst mein klappriges Handy gut einfing. Unser Kapitän, ein Typ mit Name wie „Rajesh, but call me Captain Jack“, zeigte auf eine Stelle im Wasser: „Hier badet Gandhi immer noch! Spirit never dies!“ Ob er mich veräppelte? Egal. Das Wasser war übrigens brauner als mein Kaffee, aber als ich einen lokalen Jungen planschen sah, habe ich mich getraut, wenigstens die Füße reinzuhalten. Karma-Punkte gesammelt!

Street Food: Mutprobe mit Geschmack

„Iss nichts, was nicht gekocht, geschält oder mit deinem Leben verhandelt wurde!“, warnte mich ein australischer Backpacker. Doch wer in Varanasi nicht an Straßenständen nascht, verpasst was. Mein Heldentod: ein „kachori sabzi“ (frittierte Teigtasche mit Curry) von einem Stand, bei dem das Öl älter aussah als die Stadt selbst. Ergebnis? Überraschend lecker – und mein Magen blieb friedlich. Der Geheimtipp: „Lassi“ bei Blue Lassi Shop. Der Besitzer prahlte: „Hier saß schon Steve Jobs!“ Ich konterte: „Und jetzt ich. Mein Start-up ist mein Rucksack.“

Begegnungen: Von Sadhus und Schlafmangel

In meinem 5-Euro-Gästehaus teilte ich mein Zimmer mit einem französischen Yogalehrer, der behauptete, „die Energie des Ganges zu channeln“. Als ich nachts von einer Prozession mit Trommeln geweckt wurde, meinte er nur: „The city is breathing.“ Klar, und ich atmete Kaffee. Am nächsten Tag traf ich einen Sadhu, der mir gegen eine „Spende“ mein Schicksal las: „You will travel far… and lose many socks.“ Er hatte recht. Varanasi ist kein Ort für Kontrollfreaks – sondern für die, die sich auf das Chaos einlassen.

Fazit: Varanasi ist kein Reiseziel, es ist ein Gefühl. Es riecht nach Räucherstäbchen, Schweiß und Hoffnung. Es ist laut, schmutzig und wunderschön. Und ja, du wirst dich verlaufen, überfordert sein und mindestens einmal denken: „Was mache ich hier?“ Aber genau dann passiert es – du spürst diesen komischen Zauber, der dich noch lange nach der Abreise begleitet. Also: Pack dein Desinfektionsgel, aber lass deine Erwartungen zu Hause. Mama Ganga wartet.

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